Er ist selten wie ein Einhorn, aber es gibt ihn tatsächlich: den perfekten Wochenbett-Besuch.
Viele wollen es sein, noch mehr denken, sie wären es, die wenigsten wissen, was wirklich abgeht bei Mama und Baby - vor allem, wenn er weg ist: der Wochenbett-Besuch.
Wir wissen, ihr meint es gut, wir wissen, ihr wollt das Baby sehen, wir wissen, ihr seid arglos:
Aber man kann als Wochenbett-Besuch tatsächlich viel, viel falsch machen - und im schlimmsten Fall bei der Mama einen Milchstau auslösen, der in der Klinik mit Antibiotika behandelt werden muss. Einfach, weil Wochenbett-Besuch für Mutter und Kind meist eins bedeuten: Stress. Ja genau, Stress.
Also bitte! Nehmt das ernst.
Der perfekte Wochenbett-Besuch:
... lädt sich niemals selbst ein! Wenn er nicht aktiv eingeladen wird, bedeutet dies, dass Wochenbettbesuch (noch) unerwünscht ist. Fertig. Du weißt nicht, ob Mama einen Baby Blues oder Stillprobleme oder Wochenfluss-Probleme hat. Er hakt auch nicht nach, ob er denn JETZT kommen kann, wenn er bereits letzte Woche ein Nein kassiert hat.
...steht niemals unangekündigt vor der Tür oder "ist gerade zufällig in der Gegend". Punkt. Das geht einfach GAR NICHT. Stresslevel 1000 für Mutter und Kind.
... kommt nur, wenn er gesund ist.
... bleibt nicht länger als eine Stunde. Maximal 90 Minuten. Länger nicht. Frag die Mutter, was geht und was nicht. Oft überschätzt sich die Mama auch, selbst wenn sie sich über deinen Besucht freut. Bitte sei streng mit dir selbst und geh wieder frühzeitig. Es sei denn, Mama hängt an deinem Bein und ruft "Lass mich nicht allein!!!"
... bringt was zu essen mit. Eine stärkende Wochenbettsuppe, Schokolade, Kuchen. Gerade stillende Mütter brauchen oft viel Schokolade. Frag nicht, OB, sondern WAS du zu essen mitbringen sollst.
.. bringt ein kleines Geschenk mit, für Mutter und Kind. Vielleicht Blumen für die Mama, einen Strampler fürs Baby oder ein Gutschein von der nächstgelegenen Drogerie. Windeln sind immer gern gesehen und der Verbrauch ist gerade in den ersten Tagen enorm.
... beachtet auch mit das ältere Geschwisterchen. Und hat vielleicht sogar auch ein kleines Geschenk für es.
... fragt kurz vor dem vereinbarten Treffen, ob es der Mama wirklich immer noch recht ist. Das kann schnell umschwingen, sie kann gerade mit Babys oder ihren eigenen Windeln zu tun haben, einen Heulkrampf haben etc.
... lässt nicht zu, dass Mama die große Gastgeberin spielt. Mama soll sich nicht bewegen. Wenn du eine gute Freundin bist und es okay ist für die Mama, dann deckst DU den Tisch mit dem Kuchen darauf, den DU mitgebracht hast. DU kochst dir selbst einen Kaffee und fragst Mama, was SIE haben will. DU hilfst Mama dabei, ihrem Baby zu helfen. Der Papa kann diese Rolle selbstverständlich auch übernehmen und ist im schlimmsten Fall auch der perfekte Türsteher oder auch Höllenhund - je nachdem, wie hartnäckig und beliebt der angekündigte Besuch ist.
...fragt auch mal Mama, wie es ihr geht. Alle sind verzückt vom Baby, aber die Heldenarbeit hat Mama geleistet.
... kommentiert NIEMALS, wie es in der Wohnung aussieht. Es sei denn, es ist etwas Positives. Nach der Geburt haben Mama und Papa wirklich keinen Nerv, für Besuch noch Staub zu wischen. Sie haben schlaflose Nächte hinter sich und sind vollkommen neue Menschen, da muss man Prioritäten setzen. Ohnehin hat Mama wahrscheinlich doch noch schnell geputzt und sich damit gestresst. Der Zustand der Wohnung ist also schon das Beste, was aktuell zu erreichen ist.
... macht der neuen Familie NIEMALS ein schlechtes Gewissen. Ja, ihr wollt das Baby sehen, ja, ihr wollt süße Fotos und das dann wiederum Tante Anneliese zeigen und den Kollegen vom Kegelverein.
Aber es geht nicht um euch. Bitte seid keine Ego-Schweine. Nehmt euch zurück, und vor allem: Nehmt es nicht persönlich!
Ihr wisst nicht, was im Wochenbett abgeht und was für emotionale Hochs und Tiefs Mutter und Baby mitmachen. Keine Mutter sagt offen: Weißt du, ich hab gerade einen Wochenfluss wie aus nem Splatterfilm, ich wechsel meine Windeln öfter als die des Babys, und ich heule ununterbrochten, dazu hab ich Schlafmangel, ein Geburtstrauma und eine Scheiß-Angst, bitte bleib also einfach fern.
... trägt keine scharfen, schweren Parfüms. Vor allem nicht, wenn er/sie Baby auf den Arm nehmen darf. Baby will nun wirklich nicht nach Aftershave oder schweren Düften riechen, und Mama wird es hassen, wenn ihr Baby nach einer Parfümerie riecht.
... wartet geduldig, OB und wenn ja, BIS Mama das Baby aus der Hand gibt. Glaubt mir: Jede Mutter weiß, dass der Wochenbett-Besuch gerne mal das Baby halten und ein Foto machen will. Jede Mutter wartet ab, ob sie und Baby bereit sind dafür.
Auf keinen Fall wird Baby ihr aus der Hand gerissen. Auf keinen Fall wird Baby ihr verweigert, wenn sie es zurück haben will. Auf keinen Fall wir ihr ein schlechtes Gewissen gemacht a la Du hast es doch eh die ganze Zeit, jetzt lass mich doch auch mal! Vor allem nicht, wenn es ums Stillen geht und sich Mama und Baby zurückziehen - d.h. den Raum verlassen.
Hängt Baby bei Mama in einer Babytrage, wird auch bitte nicht mit der Hand reingegriffen und Babys Köpfchen ungefragt vor Mutters Brust gestreichelt. Das ist übergriffig und creepy! Es wird gefragt und gewartet.
... knutscht Baby lieber nicht ab oder tatscht ihm im Gesicht rum.
.. gibt keine Tipps, wenn sie nicht erbeten sind. "Also, WIR haben das damals ja ganz anders gemacht..." BITTE! HABT ERBARMEN! Neue Eltern sind verunsichert genug. BITTE profiliert euch nicht auf Kosten der verunsicherten Eltern - denn ja, das ist es am Ende, was ihr tut. Stattdessen sagt ihnen, wie toll und richtig sie alles machen und dass sie selbst ihren Weg finden werden. Sollten sie Tipps brauchen, stehst du gern zur Verfügung. Aber sie machen das schon.
... im Zweifelsfall: Kommt gar nicht erst zu Besuch. Der perfekte Wochenbettbesuch ist oft der, der sagt: Lebt euch erstmal ein. Kommt erstmal zurecht als Familie. Das Wochenbett geht offiziell acht Wochen, und das hat seinen Grund. Wenn ihr bereit seid, kommt ihr aus eurem Bau. Wir warten und freuen uns auf euch - auch, wenn es bedeutet, dass wir euch erst in zwei Monaten sehen. (Ja, richtig gelesen: IN ZWEI MONATEN.)
Egal, wie perfekt ihr als Wochenbettbesuch seid: Habt im Blick, dass jeder Wochenbettbesuch, jeder neue Eindruck, gerade vom Baby danach verarbeitet werden muss.
Das bedeutet gerne mal: Eine Stunde Wochenbettbesuch heißt danach durchaus mal zwei Stunden Babygebrüll, vor allem, wenn Baby gemerkt hat, dass es der Mutter dabei nicht wohl zumute war.
Ihr geht vielleicht nach Hause und freut euch, wie sehr die kleine Familie klarkommt und wie gastfreundlich sie war. Aber ihr bekommt nicht mit, was danach los ist, vor allem mit Mutter und Kind - und vor allem, je frischer die Geburt her ist.
Daher haltet euch bitte an diese Regeln hier und noch besser: Fragt die kleine Familie und vor allem die Mama, was ihnen/ihr recht ist. DANKE!